Scheibenbremsen klingen für Radfahrer häufig ungewohnt, nicht sofort assoziiert man damit eine ganz neue Spezies unter den Fahrradtechnologien. Dabei ist die Migration weg von Felgen- hin zu Rotorbremsen (aka Scheibenbremsen) schon seit über 20 Jahren im Gange. Durch die Adaption dieser Gattung durch den Weltradsportverband UCI werden ab 2018/2019 die Scheibenbremsen den Massenmarkt erreichen. Zum ersten Mal sind diese bei der Tour de France zu sehen.
Doch welche sind die besten Bremsen? Sind Scheiben- den Felgenbremsen überlegen? Welche Bremse wähle ich für mein Fahrrad-Projekt?

[otw_shortcode_info_box border_type=“border-top-bottom“ border_color_class=“otw-blue-border“ border_style=“dashed“ background_pattern=“otw-pattern-2″ icon_type=“general foundicon-idea“ icon_size=“medium“ css_class=“otw-sc-box-custom“]Willkommen zurück in der Beitragsserie zum Thema Fahrradbau. In diesen Artikeln berichtet Michael ‚Mischa‘ Sinner von seiner Reise von der Idee einen Stahlrahmen selbst zu bauen und damit den Traum vom perfekten Rad zu verwirklichen. Alle Beiträge dazu findet ihr hier:
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Fahrradbremsen – Typenkunde

In unserem Beitrag zur Fahrradbremse haben wir die wesentlichen Typen beschrieben: Felgenbremsen, Scheibenbremsen und die älteren Rücktrittbremsen. Für moderne Räder mit sportlicher Nutzung kommen nur Felgen- oder Scheibenbremsen in Frage.

Felgenbremsen – Die etablierte und häufig technisch einfachere Variante. Durch die schlichte Technik sind die Bremsen einfach in der Wartung und mit handelsüblichem Werkzeug einzustellen. Man findet diverse Unterkategorien auf folgenden Rädern.

Scheibenbremsen – Mountainbikes waren Vorreiter, heute sieht man die Scheibenbremsen an Alltagsrädern (Trekkingräder), Allroad-Bikes (Gravel, Cyclocross) und auf Rennrädern etablieren sie sich. Alle Infos zu Scheibenbremsen.

  • Mechanisch: Günstigere Varianten der Scheibenbremsen werden mechanisch betätigt. Damit erhält man eine schlichte Mechanik und einfache Wartung durch einen klassischen Bowdenzug. Jedoch erreichen diese Bremsen nicht die gleichen Bremseigenschaften wie hydraulische Scheibenbremsen. Da die Mechanik keine so gute Übertragung der Kraft vom Hebel auf die Scheibe entwickelt, die Bremskraft kann nicht so fein kontrolliert werden. Im Bowdenzug ist zu viel Spiel (im zehntel-Millimeter-Bereich) um die Bremsen so effektiv zu machen wie ihre hydraulischen Pendants.
  • Hydraulisch: Öl kommt in den meisten Fällen bei Scheibenbremsen zum Einsatz (gerade außerhalb der Fahrräder bei Autos und Motorrädern). Das ermöglicht eine bessere Übertragung der Kraft vom Hebel auf die Bremsscheibe. Jedoch wird die Wartung und Installation eine ganz neue Fertigkeit, die jeder Fahrradschrauber erst lernen muss.

Welche ist die bessere Bremse?

Alles was Neu ist kann nur besser sein – tatsächlich fühlt sich die Scheibenbremse wie die überlegene Weiterentwicklung der Fahrradbremse im Allgemeinen an. Doch ist das nicht so eindeutig und Schwarz Weiß zu malen. Denn ich bin überzeugt: auch in 20 Jahren werden Felgenbremsen ihre Berechtigung haben.

Auch Jan Heine vom Kultmagazin Bicycle Quarterly räumt mit dem Mythos „Disc brakes are better than rim brakes“ auf. Deshalb hier kurz die Vorteile beider Systeme.

Was des einen Vorteil ist ist des anderen Nachteil. Ich zähle nur die Vorteile beider Systeme auf (in der Regel ist das auch der Punkt, an dem dieser Bremstyp dem anderen überlegen ist; ein Nachteil-Punkt muss nicht extra aufgezählt werden).

Vorteile Felgenbremsen

  • Einfache und etablierte Mechanik: Werkzeug und Arbeitsschritte sind gelernt und bekannt; in jeder Fahrradwerkstatt wird man die Bremsen einstellen oder Beläge erneuern können
  • Preiswerter: Sowohl der Einstieg braucht weniger Spezialwerkzeug als auch der Markt hat mehr Angebote zu Felgenbremsen, da diese eine größere Vielfalt an Herstellern haben.
  • Effektiv: Die Felge hat einen deutlich größeren Umfang als ein Rotor der Scheibenbremse. Damit ergibt sich ein größerer Hebel und die Bremschuhe müssen mit weniger Kraft gegen die rotierende Felge arbeiten. Gleichzeitig ist eine größere Bremsfläche gegeben, die Hitze hat mehr Raum zum entweichen (umgekehrt kann das bei speziellen Tubular-Rennradreifen und Felgen zu einem Problem werden). Außerdem setzt der Hebel nähere am Rahmen an (Gabel) bzw. näher zur Mitte des Rahmens (Hinterrad), diese Elemente müssen nicht versteift werden (umgekehrt müssen Scheibenbremen besonders steifen Gabeln aufweisen).

Vorteile Scheibenbremsen:

  • Kleiner Rotor: Durch die kleinere Bauart der Bremsfläche (Rotor im Vergleich zur Felge mit Reifen) nehmen die Bremsschuhe eine kleinere Fläche ein und sind nicht eingeschränkt durch den Umfang des Reifens.
  • Praktisch: Der Ein- und Ausbau eines Laufrads ist deutlich unkomplizierter, die Bremse muss nicht geöffnet werden. Die Bremsschuhe müssen nicht neu ausgerichtet werden und verstellen sich nicht.
  • Abnutzung: An der Scheibenbremse nutzt sich nur der Rotor und die Bremsbeläge ab, jedoch nicht die Felge. Es ist günstiger und effizienter eine Bremsscheibe auszutauschen als die komplette Felge eines Laufrads.
  • Effektivität: Zumindest die hydraulischen Scheibenbremsen liefern ausreichend Bremskraft vom -Hebel zur Bremsfläche um allgemein einen stärkeren Bremseffekt herbeizuführen als Felgenbremsen.

Und der Sieger ist… – Die Entscheidung

Es ist nicht leicht! Wenn man gerade ein Fahrrad aufbauen möchte, dann ist die alles entscheidende Frage ob man nun mit Scheiben- oder Felgenbremsen zum Halten kommen möchte. Denn der Rahmen, die Gabel und praktisch jedes andere Teil muss darauf ausgerichtet sein. Hopp oder Topp, eine Zwischenlösung gibt es nicht.

Da die Argumente auf beiden Seiten gut sind und beide Systeme mehr als Ausreichend für jeden Anwendungsfall sind, ist die Entscheidung immer Typensache. Worauf legt man persönlich mehr Wert? Wie will man das Rad einsetzen?

Gerade für Fahrräder mit breiteren Reifen (Gravel, Trekking, Cyclocross) für längere Touren bleiben nur V-Brakes oder Scheibenbremsen übrig. Und da fällt mir die Entscheidung doch leichter als gedacht: Scheibenbremsen sollen es werden (Flatmount). Meine persönlichen Argumente dafür:

  • Der praktische Ein- und Ausbau in Kombination mit Steckachsen ist super. Die Laufräder müssen nie wieder in den Ausfallenden zentriert werden und die Bremsflächen müssen nicht ausgerichtet werden.
  • Scheibenbremsen sind wartungsärmer (sollte man sie initial richtig eingestellt und eingebettet haben).
  • Mich reizt der Versuch etwas Neues auszuprobieren und zu lernen. Schließlich möchte ich im Blog auch etwas zu berichten haben.

Konkret sollen es die neuen Shimano 105 R7020 werden, die neueste 2018er Serie der besten Preis-/Leistungsgruppe unter allen Shimano Rennradgruppen.

Was ist eure Meinung? Würdet ihr euch für das gleiche System entscheiden? Oder würden für euch andere Argumente überwiegen? Ich freue mich über Kommentare!