Womöglich bist Du hier gelandet, weil Du gerne mal mehr Montage-Arbeiten am Fahrrad machen würdest, dir aber ständig das Werkzeug dazu fehlt. Fehlendes Werkzeug stellt die größte Einstiegshürde bei den meisten Reparaturarbeiten am Fahrrad dar; schließlich findet man mittlerweile zu jedem Fahrradteil verlässliche Anleitungen direkt online, sei es, ob es sich um Reparatur, Wartung, Pflege oder Austausch geht. Wer das nötige Werkzeug hat, dem öffnen sich Räder und Ketten. Vieles am Fahrrad lässt sich auch schon mit einem Satz Inbus- bzw. Torx-Schlüsseln und den gängigen Werkzeugen aus dem Haushalt bewältigen, aber bei bestimmten Fahrradteilen kommt man ohne die Spezial-Tools nicht weit (Kette, Antrieb, Lager, etc.). Da wäre es schon praktisch, einen Werkzeugkoffer zu haben, der alles hat, was man am Fahrrad braucht – nur leider ist das gar nicht so einfach.

Die breite Auswahl an Fahrrad-Werkzeugkoffern auf dem Markt, die es teilweise schon für unter 50€ gibt, sorgt leider kaum für Klarheit. Jeder Werkzeugkoffer kommt mit einer anderen Zusammensetzung von Tools und auch die Werkzeugqualität reicht von unbrauchbar bis sagenhaft – je nachdem, wie viel man für den Werkzeugkoffer ausgeben will. In unserem Ratgeber stellen wir verschiedene Werkzeugkoffer vor. Denn: Braucht man wirklich einen Werkzeugkoffer? Oder sollte man lieber jedes Teil einzeln kaufen, das man auch tatsächlich benötigt? Wir bringen Licht in die Werkstatt.

Fahrrad Werkzeugkoffer im Überblick

Oben findet ihr eine Auswahl an Werkzeugkoffern von Markenherstellern, auf die man sich verlassen kann. Freilich findet man online auch noch eine Fülle an Werkzeugkoffern von No Name-Herstellern aus Asien, die weniger kosten. Bei diesen Angeboten muss man sich aber darauf gefasst machen, dass ein gewisser Anteil der Werkzeuge falsch genormt ist (und dadurch unbrauchbar ist) oder schlechte Qualität hat und sich bereits nach kurzer Montage-Arbeit verformt und damit Material (vor allem Schrauben) beschädigt. Wer es günstiger haben möchte, sollte sich lieber die Werkzeuge einzeln kaufen (bzw. nur die Werkzeuge, die man auch braucht). Sonst bekommt man nichts Ganzes und nichts Halbes.

Beachte bitte, dass viele der angegebenen Werkzeugen nicht universell einsetzbar sind (z.B. Kettennieter, Innenlagerwerkzeug, etc). Lies dir vor dem Kauf unbedingt durch, wozu und für welche Teile jedes Werkzeug gedacht ist!

Ratgeber: Welche Werkzeuge für wen?

Basics und Flickzeug:
In nahezu jedem Werkzeugkoffer werden Inbus- und Schraubenschlüssel (Kreuz/Schlitz) zu finden sein. Genauso ein Flickzeugset. Doch kauft man dazu einen Werkzeugkoffer? Häufig ist beides im Haushalt schon vorhanden und diese Teile sind eher Füllmaterial um einen Werkzeugkoffer vollständig zu machen, doch die wenigsten brauchen dies wirklich.
Konusschlüssel:
Notwendig zur Arbeit an Laufrad-Naben. Passen in den meisten Fällen und sind sehr gut für ambitionierte Schrauber, denen das Öffnen und Warten einer Laufradnabe keine Schweißausbrüche bereitet. Jedoch ist dies nichts um Experimente zu machen, im Zweifel lieber in die Werkstatt bringen. Deshalb auch dieses Werkzeug eher fraglich.

Pedal-/Kettenblatt-/Tretlagerschlüssel:
Auch diese Teile sind individuell zu bewerten. Meist liegen Shimano kompatible Werkzeuge bei, da dies die häufigst verwendeten Komponenten sind. Lediglich der Pedalschlüssel ist universell einsetzbar.
Ketten- und Antriebswerkzeug:
Kettenpeitsche und -Nieter sind häufig universell einsetzbar, jedoch empfiehlt es sich passend zu kaufen. Kettennieter und Kettenpeitsche passen meist nur auf eine Auswahl an kompatiblen Kettengrößen (6-10-fach, 11-fach, usw.). Nicht immer passt das Werkzeug eines Koffers zum Fahrrad.
Auch bei den Zahnkranzabziehern werden meist nur die modernen Shimano-Komponenten bedient, wer nicht zum Mainstream gehört wird mit dem Werkzeug nichts anfangen können.

Torx- und Speichenschlüssel:
Diese sind universell und eine gute Investition. Jedoch auch einzeln sehr günstig zu erwerben.

Wenn man sich die Auswahl an Werkzeugen bei den verschiedenen Werkzeugkoffern ansieht, wird man viele Ähnlichkeiten, aber auch einige Unterschiede erkennen. Ein Satz Inbus- und Torxschlüssel ist praktisch immer dabei, obwohl bei weitem nicht alle Fahrräder Torx-Schrauben verwenden (im Prinzip findet man sie vor allem bei Mountainbikes und an Scheibenbremsen). Kreuzschlitz- und Schlitzschraubenzieher sind auch in der Regel dabei, obwohl die meisten Leute diese Schraubenzieher sowieso schon haben. Ein Flickset mit Reifenhebern haben auch die meisten und selbst wenn nicht: Das bekommt man schon für unter 5€ (beispielsweise in großen Rewes mit Fahrradabteilung). Dazu noch eine Auswahl an zusätzlichem Fahrradwerkzeug, die manchmal etwas willkürlich erscheint (Bremssattel-Werkzeug, Zahnkranzbürste, etc) – als ob man versucht, den Kunden mittels der schieren Masse an Tools zu überrollen.

Da sollte bei dir schon die Frage aufkommen, ob ein Werkzeugkoffer wirklich das Richtige für dich ist. Im Prinzip wollen Werkzeugkoffer meistens möglichst universell und allgemein sein, obwohl die meisten Fahrrad-Tools es nicht sind. Was man gemeinhin unter Fahrrad versteht kann alles Mögliche sein: ein klassisches Rennrad mit alten Cantis & co., ein neues Mountainbike mit komplett moderner Technik, ein zwanzig Jahre altes Stadtrad oder ein E-Bike mit Fahrradteilen, die man sonst nirgendswo benutzt. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass jeder große Hersteller sein eigenes Süppchen kocht und eigene Standards verwendet. Je nachdem, mit welchen Fahrrädern Du arbeitest, können die Werkzeuge eines bestimmten Werkzeugkoffers mehr oder weniger anwendbar sein. Und letztendlich fehlen immer auch viele Werkzeuge, die man für bestimmte Montage-Arbeiten braucht.

Geld sparen mit dem Werkzeugkoffer?

Theoretisch könnte man mit einem Werkzeugkoffer Geld sparen und viele nützliche Tools auf einmal bekommen. Werkzeugkoffer von hauseigenen Marken (siehe ROSE All2gether) können ja auch noch „relativ“ günstig sein (unter 100€). Nahezu jeder Werkzeugkoffer von einem der bekannten Hersteller von Fahrradwerkzeugen hingegen kostet in der Regel mehrere hundert Euro. Letztendlich bekommt man aber auch nur bei diesen Herstellern Werkzeuge, von denen man weiß, dass sie einer rigorosen Qualitätskontrolle unterlaufen sind. Im Prinzip bekommt man nur hier Werkzeuge, die man auch einzeln verkaufen könnte. Die Tools aus den günstigeren Werkzeugkoffern sind vielleicht auch noch brauchbar, aber man muss mit Abstrichen rechnen, was die Handlichkeit und die Qualität angeht.

Vorteile

  • Alles an einem Ort: Nichts wird verlegt, wenn es seinen Platz in einem Koffer hat; ein nicht zu unterschätzender Vorteil
  • Preiswert, wenn man zum Mainstream gehört (Shimano Standard-Komponenten)
  • Basiswerkzeug gut im Griff, gerade für Einsteiger ohne bestehende Grund-Werkzeuge lohnt sich der Kauf eines Werkzeugkoffers (Zahl doppelter und damit unnötiger Schraubenschlüssel senkt sonst den Mehrwert)

Nachteile

  • Bruchteil des Werkzeug wird nie gebraucht (Spezialwerkzeug, das zum Fahrrad nicht passt oder ein Wartungsschritt, den man gar nicht selbst machen möchte)
  • Wenig Mehrwert wenn man nicht zum Mainstream zählt (SRAM, Campagnolo, usw. Komponenten werden von den meisten Werkzeugkoffern nicht abgedeckt)
  • Standardwerkzeug oft nur Füllmaterial (um das Paket größer Erscheinen zu lassen)

Welcher Fahrrad-Werkzeugkoffer für mein Fahrrad?

Diese Frage lässt sich eben kaum beantworten, ohne das individuelle Fahrrad überprüft zu haben. Es gibt nun mal keinen Werkzeugkoffer „für Mountainbikes“ oder „für Rennräder“, wie es auch kein „Mountainbike“ an sich gibt. Jeder Hersteller stellt die Werkzeugkoffer anders zusammen und wenn überhaupt unterscheidet man eher danach, wie „vollständig“ der Werkzeugkoffer ist, also wie viele unterschiedliche Werkzeuge er hat. Je mehr Werkzeuge, desto mehr kostet er. Das heißt umgekehrt, je genauer Du weißt, welche Werkzeuge Du wirklich brauchst, desto weniger zahlst Du.

Fazit

  1. Prüfe was Du hast, dann weißt Du was Du brauchst:
    Wir empfehlen dir dringend, dich vor dem Kauf genauestens mit deinem Fahrrad zu beschäftigen. Was für eine Fahrradkette hast Du, welchen Kassettenabzieher brauchst Du? Hat dein Fahrrad überhaupt irgendwo Torx-Schrauben? Das alles und mehr solltest Du wissen, bevor Du dir einen Fahrrad-Werkzeugkoffer kaufst. Eventuell macht es mehr Sinn, bloß einen Satz Inbusschlüssel und die Werkzeuge zu kaufen, die Du wirklich brauchst.
  2. Welche Reparaturen möchtest Du durchführen:
    Selbst wenn man ein Fahrrad komplett neu aufbaut, auch dann wird man nicht alle Werkzeuge aus einem Werkzeugkoffer-Set nutzen. 30% der Werkzeuge bleiben unbenutzt und 1-2 Spezialwerkzeuge wird man evtl. noch zusätzlich bestellen müssen.

Empfehlen wir also niemandem so ein Fahrrad Werkzeugkoffer-Set?

Doch, durchaus kann es sinnvoll sein. Wenn man den richtigen Koffer für seine Anforderungen und passend zum Fuhrpark kauft. Nutzt man auch tatsächlich alle mitgelieferten Werkzeuge? Dann lohnt sich der Kauf, im Set sind diese günstiger.