Das Motte „Ride FAR“ (For A Reason) ist die Challenge zum Saisonauftakt. Bei 180 oder 360km Streckenlänge kann man sich auf einer frei gewählten Komoot-Strecke austoben. Auf dem Schotter natürlich. Sandpisten und Trails durch den Wald auch inbegriffen. Begleitet mich auf meiner Tour durch die nördlichen Heiden. Motto meines Tracks ist: Nordheiden verbinden. Ich besuche die Boberger Dünen, Hahnheide, Sachsenwald, Besenhorster Sandberge und Elbwiesen, überquere die Elbe um die Tour über die Lüneburger Heide und Fischbeker Heide abzurunden. Dabei läuft mal wieder nicht alles nach Plan. Und so werden es mal eben etwas mehr als 200km statt den geplanten 180.
Motto finden…
In Johanna Jahnkes Podcast Episode vom Januar 2021 hatte Raphael Albrecht die Ride-Far Challenge angekündigt, welche den Winter zum nächsten Orbit im Sommer überbrücken soll. Bis zum 31.03. hatte man Zeit entweder 180 oder gleich 360km abzufahren. Um für einen guten Zweck Geld zu spenden und etwas Aufmerksamkeit auf das Projekt zu bringen. Dabei musste man sich selbst ein Motto zur Tour überlegen. Manche kamen zB. auf die Idee so exotisch klingende Ziele wie „Vulkane in Deutschland mit dem Rad befahren“ – denkt man gar nicht, aber viele Erhebungen und Hügel waren einst vulkanisch aktiv. Wenn auch heute Millionen Jahre dazwischen liegen. So ein Motto klingt toll und wollte ich für meine Route auch.
In Norddeutschland wird man diese Vulkane aber kaum finden. Hier gibt es aber auch tolle Orte, die nicht hoch sondern besonders flach sind. Heiden. Von der Lüneburger Heide geht es über die Fischbeker Heide nach Hamburg rein. Im Nordosten liegt die Hahnheide und dazwischen viele kleine Orte, die einer Heide sehr ähneln: Dünen. Eine perfekte Kombination für eine Allroad-Bike-Tour. Das Motto war somit für mich gefunden.
Die Strecke auf Komoot ist nicht exakt der Weg, den ich später gefahren bin. Dazu gleich mehr. Und unten auch die komplett abgefahrene Route.
Frostiger Sonnenaufgang in den Boberger Dünen
Die Route führt praktisch einmal komplett durch Hamburg und rundherum. Man könnte überall starten. Logistisch und logisch richtig liegt für mich der Start kurz vor den Boberger Dünen. Danach geht es Richtung Nordost zum ersten Gipfel des Tages: Col d‘ Hahnheide (offizieller Titel: Großer Hahnheider Berg).
Kurz nachdem ich an den ersten Sanddünen vorbeikomme merke ich, wie Sonnenstrahlen auf meinem Rücken landen. Ich drehe mich um und muss sofort ein Foto machen.
Es ist nicht immer leicht stehenzubleiben, wenn man gerade im Flow ist. Lohnt sich das? Weiterfahren oder doch ein Foto schießen? Am Morgen macht man dann doch die besten Fotos und es lohnt sich kurz stehenzubleiben. Wenn das tolle Morgenlicht weg ist kann ich mich immer noch auspowern.
Die ersten Fotos im Kasten geht es nun endlich weiter. Nächster Halt ist der Ausblickspunkt vom großen Hahnheider Berg, ein ca 15m hoher Turm.
Col d‘ Hahnheide
Die Tour auf Komoot ist wirklich top, wenn man die vielen Kilometer auch schnell vorankommen möchte. Technisch nicht anspruchsvoll, sehr viel Radweg und Asphalt. Dazwischen Wege durch Wald und auf Schotter. Nur ein kleiner Singletrail-Abschnitt hier und da oder etwas Sand. Aber meist doch sehr leicht zu befahren.
Alte Bahnstrecken mussten dem heutigen Fahrradweg weichen. Wie auf einer Autobahn und mit viel Rückenwind geht es bei 30km/h zu meinem nächsten Ziel, den nördlichsten Punkt der Tour. Danach eine Wende in Richtung Süden. Vorher aber noch kurz auf den Aussichtspunkt. Bevor es schon bald nicht mehr so rund läuft.
Nicht alles nach Plan
Es geht nun über die Besenhorster Heide, eine Sandpiste durch den Wald, Richtung Elbe. Dort ist die Fähre am Zollenspieker-Fährhaus das Ziel. Ein Munitionswerk und -Lager aus dem letzten Krieg liegt als Lost Place auf dem Weg. Richtig Lost ist der Place eigentlich nicht, viel zu exponiert liegen die alten Hallen im Wald. Wo viele Spaziergänger vorbeikommen. Diese kleine Heide lasse ich schnell hinter mir und kurz vor 11 bin ich an der Elbe.
Nun überschlagen sich die Ereignisse. Es gibt Brötchen beim Bäcker, ein Kaffe und was Süßes. An der Fähre erfahre ich, dass zwischen 10:30 und 14 Uhr Mittagspause ist. Ich rätsel noch ob das Coronabedingt ist oder nicht… egal, hier komm ich nicht weiter. Zwei schlechte Optionen habe ich. Die Elbbrücke bei Geesthacht, bedeutet 15km zurück und wieder 15km vor um auf der anderen Seite der Elbe raus zu kommen. Zurück ist keine Option, das fühlt sich nicht richtig an. Also nehme ich die große Elbbrücke in Hamburg Mitte. Ein ebenso großer Umweg, aber ich komme am Büro vorbei. Kann die Kamera ablegen und einmal zivilisiert aufs Klo, Hände und Gesicht waschen. Das ist auch viel Wert, wenn man mal eben 10-12 Std im Sattel sitzt. Die Route wird jetzt improvisiert.
Richtung Süden gibt es nur noch Gegenwind, es geht bergauf und ein Mittagstief macht sich breit. Wann nimmt das alles denn ein Ende? Ab 140km ist es eine riesen Quälerei. Bis ich endlich den südlichsten Punkt am Ausblick Brunsberg in der nördlichen Lüneburger Heide angekommen bin. Ich leg mich in die Wiese, esse einen Tripple-Chocolate-Muffin von der Tanke und höre den Wind in den Blättern der Birken. 15 Minuten Ruhe. Danach wird alles besser.
Endlich dreht sich der Wind, denn die Route wendet sich wieder Richtung Norden. Mit Rückenwind gehts wieder flott durch die Wälder der Fischbeker Heide. Auch die letzten Höhenmeter werden gegen Geschwindigkeit getauscht. Fast 2km gehts bergab im Wald, ein überwältigendes Gefühl, nachdem man 8 Std unterwegs ist und es einfach rollt. Für dieses Gefühl bin ich unterwegs.
Die letzte Fähre liegt in Finkenwerder, pünktlich alle 15 Minuten bringt diese auch heute die Menschen über die Elbe. Die letzten 20km der Route sind fast geschenkt. Einen Tag lang kann man sich aufs Rad setzen und mal eben die nördlichsten und südlichsten Punkte in und um Hamburg besuchen. Welche nicht mal die Leute mit einem Auto an einem Tag besuchen würden. Eine herausragende Tour.
Und hier die tatsächlich gefahrene Route zum Schluss: